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PRIVATE WEDNESDAY mit Giusto Lo Bocchiaro

Giusto, Du wohnst mitten in Stuttgart, der Stauhochburg schlecht hin. Viele Autofahrer beklagen sich über die planlose Verkehrsführung. Ich glaube durchaus nicht zu Unrecht. Du schlägst dem Ganzem ein Schnippchen, indem Du täglich mit dem Rad zur Arbeit kommst. Das kommt Dir als großer Fahrradfan sowieso entgegen. Fahrradfahren in Stuttgart ist je nach Strecke eine echte Herausforderung, nicht nur, aber durchaus auch wegen der vielen Hügel. Für’s Übrige ist’s halt sehr schwäbisch und insgesamt von überschaubarer Größe. Ein Vorteil dieser Stadt ist sicher, dass man sehr schnell raus kommt.

MAENNERSTYLE: Wann und wie hat Dich die Leidenschaft Fahrrad gepackt?

GIUSTO LO BOCCHIARO: Das ist das Resultat verschiedener Leidenschaften und Fakten: ich finde – und ich liege damit nicht wirklich falsch, wenn ich das behaupte – dass das italienische Fahrraddesign seit Jahrzehnte lang das Beste ist, wenn man mal überlegt, dass die Marke Bianchi bereits im Jahr 1885 gegründet wurde. Oder, dass die begehrtesten Fahrräder wie zum Beispiel GIOS, COLNAGO oder MOSER italienischen Ursprung haben. Wie kann ich also als Italiener auf so ein Vermächtnis nicht stolz sein? Als praktizierender Architekt hat es mir natürlich nicht gereicht, sie nur zu sammeln sondern fing an, die Fahrräder meinen Wünschen anzupassen – und später dann auch für gute Freunde. Es hat sich schnell herausgestellt, dass ich in Deutschland die besten Chancen auf einen Zugang zu einem der größten Radmärkte in Europa habe, wenn wir nur bedenken, dass Deutschland mit den meisten Rädern pro Kopf auf Platz 3 der Rangliste auf dem ganzen Planeten ist!

MS: Du bist Liebhaber von älteren, klassischen Fahrrädern. Wie viele Fahrräder besitzt Du? Und welche Fahrräder lassen Dein Herz höher schlagen?

GLB: Als unersättlicher Fahrrad-Liebhaber muss ich gestehen, dass ich in alle formschöne Fahrräder verschossen bin. Da spielt es keine Rolle, ob es aus dem letzten Jahrhundert oder brandneu ist! Allerdings finde ich, dass die meisten aktuellen Modelle hauptsächlich unter dem technischen Aspekt designt wurden, nicht aber was ich als sexy Design betrachte. Material und Form sind gewissermaßen Geiseln der Technologie. Mir würde es sehr schwer fallen, ein bestimmtes Bike aus all den abgefahrenen Modellen als Favorit herauszusuchen. Aber wenn ich eines Tages den Planeten verlassen würde um auf dem Mars zu leben, wären definitiv ein Cinelli Laser Pista, ein Zipp 2001 und das Look Kg 296 mit dabei.

MS: Restaurierst Du deine Bikes auch selber? Wo hast Du das gelernt?

GLB: Ich wünschte, ich könnte behaupten ich habe es mir durch ausprobieren selbst beigebracht, was auch zu einem Teil der Wahrheit entspricht, aber Tatsache ist, dass es heutzutage so viele Tutorials für wirklich alles im Internet gibt. Aber ich habe auch eine tolle Gemeinschaft in Stuttgart gefunden, die sich rund um das Thema Fahrrad beschäftigt und mich mit Informationen zu sämtlichen Fragen füttert. Die beiden Personen, die mir bisher maßgebend mit Rat und Tat zur Seite standen, sind meine rumänische Freundin Miruna und mein Deutsch-italienischer Freund Christian. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön den beiden!

MS: Wieviele Fahrräder nennst Du Dein eigen?

GLB: Das schwankt immer etwas, da ich auch einige selbst aufgebauten Fahrräder verkaufe – schweren Herzens. Da hängt jede Menge Herzblut dran. Momentan besitze ich sieben Fahrräder. Wenn ich aber mehr Platz zum Abstellen hätte, wären es deutlich mehr!

MS: Was war bisher dein schönstes Fahrraderlebnis?

GLB: Oh, das ist schon lange her. Damals habe ich in Sizilien gelebt. Es war gleich nach der Highschool. Ich war damals ziemlich ausgebrannt. Mein Kopf war sonst wo, so hat mein Körper für mich entschieden und mich auf die Straße gebracht. Ich fand mich den Berg von Palermo bis zum Lago di Piana degli Albanesi hochstrampel und als ich dann am See angekommen war, war ich sowohl erschöpft als auch glücklich. All die vorherigen Probleme waren wie weggewischt!

MS: Fährst Du am liebsten Singlespeed oder was für Komponenten verwendest Du? Und auf welche Komponenten schwörst Du?

GLB: Natürlich muss ich alle Komponenten mal ausprobieren. Und da ich verschiedene Arten von Fahrrädern besitze, kann ich mir morgens je nach Lust und Laune eines raussuchen, mit dem ich dann fahre. Manchmal bin ich schlichtweg faul, dann schnappe ich mir mein 7-Gang Bike. Aber am liebsten fahre ich mein Singlespeed, welches ich mir aus einem sehr alten Moser zusammengebaut habe. Ich habe es zu einem unglaublich günstigen Preis bekommen, das ist auch der Grund, warum ich es so schlicht gelassen habe. Die Hinterbremse und Ersatzteile kommen von anderen Projekten. Es macht mich sehr glücklich: nichts, um was ich mich groß kümmern muss, kein Luxusteile, keine Schaltung. Nichts außer Stahl und Freiheit.

MS: Wenn Du verreist, kommt Dein Fahrrad mit?

GLB: Wenn ich auf Reisen bin fühle ich mich immer wie eine Schildkröte ohne Panzer, aber mit Fahrrad bin ich sofort in meinem Element. Deshalb liebe ich es, mein Vetta Aluminium 7020 überall mit hin zu nehmen, was nicht nur mein leichtestes Bike ist, sondern auch einen authentischen, italienischen handgefertigten Rahmen hat.

MS: Was macht für Dich Dein Traumfahrrad aus? Wie muss es sein?

GLB: Ungeschlagen: mein Vetta Aluminium 7020.

MS: Beruflich bist Du als Ausstellungsdesigner tätig. Würdest Du gerne mal eine Ausstellung mit Fahrrädern gestalten?

GLB: ich arbeite momentan an einem Projekt, das Illustration, Fahrräder und Modedesign verbindet. Aber noch ist es Top Secret!

MS: Hast Du ein Motto nachdem Du lebst?

GLB: Ich liebe das Zitat des Regisseurs Jean-Luc Godard, welches für mich beinahe ein Lebensmotto ist: „It´s not where you take things from – it´s where you take them to“.

MS: Was möchtest Du unseren Lesern gerne mit auf den Weg geben?

GLB: Versucht nicht bei jeder Gelegenheit eure Bremsen zu nutzen, sondern spürt den Wind, genießt das Adrenalin und lauscht dem Geräusch der Reifen. ...aber hey: vergesst niemals euren Helm!

MS: Vielen Dank an Dich, Giusto, für dieses exklusive Interview hier auf MAENNERSTYLE.COM! Wir wünschen Dir weiterhin gute Fahrt und immer viel Rückenwind.

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