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Über Werbung, das Schicksal und die Liebe

Eine Analyse der Werbelandschaft im Frühjahr 2016 Ich studiere gerne Werbung. Ich schreibe auch gerne über Werbung. Tatsächlich jedoch studiere ich sie nicht im universitären Sinne, wenn auch die Meinung weit verbreitet, Gestalter*innen machten nur Werbung. Ich schrieb bereits darüber, dass ich an Werbung per se nichts zu verteufeln finde. Dieses Mal möchte ich mich mehr den Inhalten widmen, der Botschaft sozusagen, und den aktuellen Trends in der Werbung. Diese richtet sich ganz klar an Beschäftigte. An alle, die durch ihre Beschäftigung die nötigen finanziellen Mittel aufbringen können, und an alle, die durch ihr Beschäftigtsein, die eigentlich nötige Zeit nicht aufbringen können—das schließe ich aus den vielen Plakaten, die da werben um a) Lieferdienste b) Partnervermittlung c) alles andere, was Zeitsparen verspricht. Bei ersterem konnte ich eine Wandlung beobachten vom einschlägigen Internetauftritt zur bloßen Vermittlung von Restaurants mit Lieferdienst in der unmittelbaren Umgebung hin zu ganzheitlicheren Angeboten à la carte, pardon, à »wir präsentieren Dir das Menu von … und liefern alles, was Du magst, höchst persönlich zu Dir nach Hause«. A propos zu Hause. Brittani Louise Taylor, eine Person des öffentlichen Lebens auf YouTube, singt in ihrer Parodie von Adeles neustem Hit »Hello« über all das, was Hungrige, die zwischen dem Verbleib im trauten Heim und dem Getriebensein durch Hunger hin- und hergerissen sind, denken mögen. Für all jene, die den Fuß dann doch über die Schwelle setzen können und mögen, bietet eine Supermarkt-Kette das beste Angebot für Zeitsparfüchse an: »Heat-and-Eat-Chili-con-carne«, denn damit sei »Vier Minuten länger knutschen« gratiniert, äh, garantiert. Wer noch nach Kusspartner*in sucht, kann dies über das passende Internetportal erledigen. Hierbei konnte ich ebenfalls eine Wandlung beobachten, denn nach Berücksichtigung der sexuellen Orientierung werden nun Suchende auch nach Herkunft und Lebenswunsch, nach Musikrichtung oder Bildungsabschluss sortiert und gefiltert und zusammengebracht. Mitunter geschieht es dabei, dass sich »alle elf Minuten« eben nur ein Single verliebt, wo doch zur Liebe in meinem romantischen Weltbild zwei dazu gehören sollten, ganz ungeachtet der geradezu poetisch anmutenden Werbebotschaft, die der Satz »alle zweiundzwanzig Minuten verlieben sich zwei Einsame« gehabt hätte. Ich bin mir sicher, dass summa summarum einige glückliche Paare ohne die digitalen Möglichkeiten einander nie über den Weg gelaufen wären. Allen anderen, die trotz Bestelldienst, Lieferservice und Vermittlungsportal noch auf der Suche sind, möchte ich ein Zitat aus Carlos Ruiz Zafons Roman »Der Schatten des Windes« ans Herz legen: »Das Schicksal lauert immer gleich um die Ecke – wie ein Dieb, eine Nutte oder ein Losverkäufer, seine drei trivialsten Verkörperungen. Hausbesuche macht es hingegen keine. Man muss sich schon zu ihm bemühen.« Es verspricht Erfolg, die vielen Bildschirme links liegen zu lassen und auf die Liebe des Lebens auf dem Wochenmarkt zwischen frischem Obst und Gemüse zu lauern. So heißt es doch auch, gehe Liebe durch den Magen. Eine gute Idee also, die eigenen Kochkünste aufzubessern und nur noch auf eines zu warten: auf Amors Pfeil.

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